Arktische Temperaturen an Bord
Biopharmazeutische Produkte bei -40°C einmal um den Globus zu transportieren ist eine große Herausforderung, der sich das Projektteam bestehend aus dem Hersteller Boehringer Ingelheim, dem Logistiker DSV, Thermoverpackungs-Spezialist va-Q-tec und Lufthansa Cargo gerne stellt.
Biopharmazeutische Produkte bei -40°C einmal um den Globus zu transportieren ist eine große Herausforderung, der sich das Projektteam bestehend aus dem Hersteller Boehringer Ingelheim, dem Logistiker DSV, Thermoverpackungs-Spezialist va-Q-tec und Lufthansa Cargo gerne stellt.
Boehringer Ingelheim produziert biopharmazeutische Rohstoffe unter anderem in Kalifornien, Shanghai und Wien. Nach der Herstellung müssen die Wirkstoffe auf -40°C gekühlt werden, um eine Zellteilung zu vermeiden. Biberach an der Riß ist der einzige Standort weltweit, der über spezielle Aufbereitungsanlagen verfügt, in denen der Wirkstoff aufgetaut, mit Wasser angereichert und beispielsweise als Antirheumatika in Spritzen abgefüllt wird.
Der Weg aus Amerika oder Asien nach Oberschwaben ist eine Herausforderung, die ein kompetentes logistisches Team und gute Vorbereitung erfordert, denn die biopharmazeutischen Produkte müssen über insgesamt 80-90 Stunden auf konstante -40°C gekühlt werden. Um diese Aufgabe zu meistern entwickelte Boehringer Ingelheim gemeinsam mit va-Q-tec, einem Hersteller für Thermoverpackungen, einen neuen Containertyp, den va-Q-tainer MAXx. Durch spezielle Temperaturspeicherelemente ist eine Kühlung von unter -30 °C über mehrere Tage hinweg ohne Stromzufuhr oder die Verwendung von Trockeneis möglich.
Experten für temperatursensitive Transporte
Bei der End-to-End Organisation des Transports verlässt sich der Biopharmazie-Hersteller auf DSV. „Bei solchen Transporten arbeiten wir mit globalen Logistikdienstleistern zusammen, die Expertise auf diesem Feld haben“, erzählt Horst Langhammer, Head of Supply Chain Management & Logistic Projects bei Boehringer Ingelheim. Einer dieser Experten ist Bernhard Woerner, Global Account Director, Health Care bei DSV. Seit 2006 kümmert sich der Logistiker um Transporte in der Pharmabranche. „Die Herausforderung ist die genaue Taktung am Boden. Der Tank wird just-in-time in Fremont, Kalifornien, angeliefert und befüllt. Er kommt in den optimal vorbereiteten Container und geht direkt in einem Kühltruck auf die große Reise. Dieser bringt die Sendung an den Flughafen in Los Angeles, aber bleibt stehen bis das Flugzeug abgeflogen ist, falls es zu unerwarteten Verspätungen oder Ausfällen kommt. In Frankfurt angekommen, geht der va-Q-tainer MAXx durch den Lufthansa Cargo Pharma Hub und dann erneut auf einen Kühltruck, um direkt nach Biberach transportiert zu werden“, erzählt Woerner. „Die Vorfeld-Zeiten müssen immer entsprechend kurzgehalten werden. Die Abfertigung am Boden ist entscheidend. Lufthansa Cargo hat mit dem Pharma Hub in Frankfurt einen klaren strategischen Vorteil.“
Erfolgreiches Projekt mit Zukunft
Der Container ist mit Akkus bestückt, die eine spezielle Kühlflüssigkeit enthalten – sogenanntem Phase Change Material. Mit diesen können Temperaturen zwischen -40 und +25°C trockeneisfrei über eine Dauer von bis zu 120 Stunden auch unter extremen Bedingungen gewährleisten werden. Mit Trockeneis sind sogar -60°C oder tiefer möglich. „Der Container ist auch für Logistiker eine tolle Entwicklung. Bisher mussten wir solche Transporte mit Transportboxen durchführen, die mit Trockeneis bestückt waren. Diese Sendungen müssen dann aber als Gefahrgut deklariert werden, haben eine hohe Anfälligkeit für Transportschäden und Wirkstoffverluste“, erläutert Woerner. Der Verzicht auf Trockeneis hat noch weitere Pluspunkte: „Aus Sicht der Nachhaltigkeit ist Trockeneis nicht mehr der neueste Stand der Dinge“, führt Woerner aus.
Erst im April 2019 fiel der Startschuss zum Projekt und bereits im November 2019 hob die erste Testsendung von Los Angeles nach Frankfurt ab – damals noch mit einem leeren Tank. Noch einmal ein halbes Jahr später und die Wirkstoffe treten diesen Weg nun regelmäßig alle zwei Wochen an.
Copyright Bilder: Lufthansa Cargo